Unerwartete Unterstützung für den Persönlichkeitsschutz von Kindern gibt es von Seiten der Bundesnetzagentur. Schon seit längerem ist der Trend zu sprachgesteuertem Spielzeug erkennbar. Wir haben bereits mehrfach zu diesem Thema berichtet. Im aktuellen Fall geht es um die Puppe „My friend Cayla“. Die Puppe kann alle Gespräche in ihrer näheren Umgebung aufnehmen und überträgt diese an die Server der Drittfirma ToyQuest Limited. Dort werden die Daten verarbeitet und – wenn „Cayla“ angesprochen wurde – eine „passende“ Antwort entworfen. Hierbei interagiert „Cayla“, die über Bluetooth mit einer zugehörigen App verbunden ist, über eine Stimme-zu-Text und Text-zu-Stimme-Technologie sogar mit der Google Suchmaschine, Wikipedia und Weather Underground (vergleiche auch unseren früheren Beitrag).
Ein Jura-Student der Universität des Saarlandes kommt in einem Gutachten zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Puppe um eine getarnte Sendeanlage handele. Das Problem sei, dass die Bluetooth-Verbindung völlig ungesichert sei und jeder in einem Umkreis von 10-15 Metern sich in die Verbindung einklinken könne. Es soll sogar möglich sein, dass über die ungesicherte Verbindung mit den Kindern durch die Puppe kommuniziert werden könne. Bereits im März vergangenen Jahres war die Puppe Gegenstand einer kleinen Anfrage im Bundestag. Dabei ging es vornehmlich um die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen. Die Bundesregierung kritisierte seinerzeit zwar die Datenschutzbestimmungen, verwies aber darauf, dass die Datenschutzaufsichtsbehörden und nicht sie für die Einhaltung des Datenschutzes zuständig seien.
Das aktuelle Gutachten wurde an die Bundesnetzagentur weitergeleitet, die in einer Pressemitteilung bestätigt, dass die Puppe alle Kriterien eines verbotenen Spionagegeräts erfülle und somit nach § 90 Telekommunikationsgesetz zu verbieten sei. Damit ist der Verkauf, aber auch der Besitz einer solchen Puppe strafbar! Die Bundesnetzagentur hat Verkaufsstellen angeschrieben, die Puppe aus dem Angebot zu nehmen, fordert aber auch Eltern auf, die Puppe zu vernichten. Die Bundesnetzagentur will allerdings nicht gegen Eltern vorgehen, die eine Puppe erworben haben und appelliert stattdessen an die Einsicht der Eltern.
Zwischenzeitlich hat sich der Kollege Dr. Thomas Schwenke in einem Beitrag sehr ausführlich damit auseinandergesetzt, ob die Auslegung des § 90 Telekommunikationsgesetz durch die Bundesnetzagentur abschließend richtig war. In der Presseerklärung schreibt die Bundesnetzagentur als Begründung, warum die Puppe Cayla nach § 90 TKG verboten werden muss:
… „Gegenstände müssen ihrer Form nach einen anderen Gegenstand vortäuschen oder als Gegenstände des täglichen Gebrauchs verkleidet sein und auf Grund dieser Umstände oder auf Grund ihrer Funktionsweise geeignet sein, das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen von diesem unbemerkt abzuhören oder das Bild eines anderen von diesem unbemerkt aufzunehmen.“
Der Wortlaut des 2012 geänderten § 90 TKG lautet hingegen (Hervorhebung nicht im Original):
„Es ist verboten, Sendeanlagen oder sonstige Telekommunikationsanlagen zu besitzen, herzustellen, zu vertreiben, einzuführen oder sonst in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zu verbringen, die ihrer Form nach einen anderen Gegenstand vortäuschen oder die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet sind und auf Grund dieser Umstände oder auf Grund ihrer Funktionsweise in besonderer Weise geeignet und dazu bestimmt sind, das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen von diesem unbemerkt abzuhören oder das Bild eines anderen von diesem unbemerkt aufzunehmen.
Dass die Puppe eine getarnte Sendeanlage ist und sich auch zum Abhören von Kindern eignet, ist sicherlich unstrittig, ob sie allerdings auch dazu bestimmt ist, kann sicherlich kontrovers diskutiert werden.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht, ist es einerseits erfreulich, dass die Privatsphäre von Kindern geschützt wird, andererseits hätten auch Datenschutzaufsichtsbehörden früher einschreiten können.
Quelle: https://www.datenschutz-notizen.de/spionage-im-kinderzimmer-die-bundesnetzagentur-schaltet-sich-ein-0617322/